Sehr geehrte Fr. OB Zull,
sehr geehrter Herr EBM Berner,
liebe Kolleginnen und Kollegen des GR sowie Damen und Herren der Verwaltung,
liebe Gäste,
alle zwei Jahre haben wird das Thema der Kita-Gebühren auf dem Tisch. Und wie alle anderen Gebühren sollen sie auch dieses Mal steigen, das war zu erwarten. Wir können auch nachvollziehen, dass die Verwaltung den prozentualen Kostenbeitrag halten will.
Bevor wir uns der Vorlage zuwenden: Fellbach bietet bei der Kinderbetreuung eine gute Qualität, da stehen wir besser da als viele anderen Kommunen. Das betrifft ja nicht nur die mit dem Kindergartenpreis ausgezeichnete Einrichtung in der Talstrasse. Dass
Kinderbetreuung nicht nur Aufbewahrung bedeutet, sondern zum pädagogischen Konzept beispielsweise auch Sprach- und Bewegungsförderung gehören, ist in Fellbach wirklich gut
umgesetzt.
Schaut man sich die Zahlen der aktuellen Vorlage genauer an, auch unter Zuhilfenahme der Vorlage 77 aus dem Jahr 2023:

Da kommen dann noch die Essenszuschläge dazu.
Es fällt also auf, dass die größte Steigerung bei den U3-Kindern stattfindet. Und diese Summen wirken geradezu als Hindernis für die Aufnahme einer (Teilzeit)-Beschäftigung des zweiten Elternteils, vor allem wenn es um gering bezahlte Tätigkeiten geht, was vor allem die Frauen trifft.
Die Einkommens-Grenze für die Reduktion der Gebühren wurde jetzt auf ca. 69 TE Brutto- Familieneinkommen erhöht. Das ist ganz deutlich unter dem Durchschnitts-Einkommen von Familien in BW. Und gerade diese „untere Mittelschicht“ wird überproportional belastet. Der Verweis auf die steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungsausgaben hilft eim Prinzip nur Familien, die auch sehr viel Steuern bezahlen und auch einen höheren Anteil an den Kita- Gebühren tragen könnten.
Der Steuervorteil bei der Familie mit Brutto 70 TE (also knapp über der Grenze): Einsparung durch Angaben von Aufwendungen für Kinderbetreuung: maximal 80 Euro/Monat Steuernachlass. Hat eine Familie ein Brutto-Einkommen über 100 TE, dann sieht der
Steuervorteil ganz anders aus. Also bezahlt eine Familie mit hohem Einkommen deutlich weniger für die Betreuung als die Familie, die kurz über der jetzigen 70TE-Grenze liegt.Die prozentuele Rücknahme der Geschwister-Ermäßigungen ist ebenfalls problematisch, da
werden kinderreiche Familien erheblich stärker belastet
Diese Diskussion haben wir hier ja schon mehrfach erlebt. Mir ist immer noch nicht klar, warum Fellbach im Gegensatz zu manchen anderen Kommunen auch in der näheren Umgebung es nicht schafft, die Sozialstaffelung der Gebühren in die andere Richtung zu
erweitern, d.h. Familien mit hohem Einkommen stärker an den Gebühren zu beteiligen, so dass man die Steigerung bei den am stärksten belasteten Familien reduzieren könnte.Überspitzt formuliert können sich Menschen ohne nennenswertes Einkommen und Gutverdiener am ehesten Kinderbetreuung leisten. Das kann nicht das Ziel und Ergebnis sein.
Die Stichworte „familienfreundliche Stadt, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Fachkräftemangel durch nicht oder nur gering arbeitende Eltern, etc.“ will ich hier nicht weiter thematisieren (hier verweise ich auch auf den Beitrag meines Fraktionskollegen Karl Würz im aktuellen Stadtanzeiger).
Wir sollten aber nicht vergessen: Eltern leisten einen hohen Beitrag für die Gesellschaft, denn Kinder sind nicht nur Kostenfaktoren, sondern die Arbeitskräfte von morgen, und auch die Steuerzahler. Menschen ohne Kinder stehen nach wie vor in unserer Gesellschaft finanziell besser da.
Unsere Fraktion wird der Vorlage nicht zustimmen.
Dr.med. Stephan Illing
Kinderarzt
Fraktion Bündnis90/die Grünen