Fragen des ADFC und unsere Antworten zum Radverkehr

Anlässlich der Kommunalwahl 2024 schickte der Fellbacher ADFC die folgenden Fragen an alle Fellbacher Parteien und Gruppierungen.

Wir präsentieren unsere Antworten.

Frage 1: Radfahren entlastet…

das vor allem zu den Stoßzeiten sehr hohe Verkehrsaufkommen in Fellbach, wenn es genügend breite Radwege, sichere Kreuzungen und eine vernünftige Verkehrsführung gibt. Einiges hat sich in den vergangenen Jahren gebessert, aber es bestehen immer noch neuralgische Punkte im Radverkehr. Wo sehen Sie Handlungsbedarf und mit welchen Projekten wollen Sie das Radfahren in Fellbach fördern?

Antwort:

Im Mittelpunkt unserer Politik stehen seit jeher Nachhaltigkeit und Mobilität und hier ganz besonders Rad- und Fußverkehr. Dabei ist die Trennung von Rad und Fuß von zentraler Bedeutung. Die entflochtenen Rad- und Fußwege brauchen eine entsprechende Infrastruktur, beispielsweise ein funktionierendes Radwegenetz. Die Einrichtung der ersten Fahrradstraßen Fellbachs geht auf die Initiative unserer Fraktion zurück.

Unsere Arbeitsgruppe Mobilität, die nicht nur aus Grünen-Mitgliedern besteht, war immer sehr aktiv. Sie nahm an Bürgerbeteiligungen (wie STAFFEL25 und Verkehrsentwicklungsplan, VEP) teil und lieferte auch in Eigeninitiative Ideen und Impulse für die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung.

Seit unsere jetzige Mobilitätsbeauftragte ihre Stelle angetreten hat, hat sich sehr viel zur Verbesserung des Radverkehrs getan; wir unterstützen die Vorhaben immer nach Kräften. Es gibt schon viele gute Konzepte, die leider nicht immer eine Mehrheit im Gemeinderat finden und daher nicht zeitnah umgesetzt werden können.

Wir sehen Handlungsbedarf sowohl im Großen – Radverkehrsnetz, Radschnellverbindung RS5 – wie auch im Kleinen. Viele der Verbindungen sind zu einem großen Teil gut, werden aber durch einzelne kritische Punkte „kaputtgemacht“. Dementsprechend sehen wir die Notwendigkeit der langfristigen Planung und Realisierung eines Radverkehrsnetzes, was entsprechende finanzielle Mittel als auch mutige politische Entscheidungen erfordert. Wir treten ein für weitere Tempo 30-Abschnitte in der Innenstadt – davon würde nicht zuletzt auch die Sicherheit der Radfahrenden profitieren. Wir Grüne haben schon zwei Mal den Beitritt der Stadt Fellbach zur Städteinitiative „Lebenswerte Kommunen“ beantragt – leider war jedes Mal eine knappe Mehrheit des Gemeinderats dagegen.

Die Einführung der städtischen Radnetzkonzeption wird stufenweise erfolgen und muss jeweils vom Gemeinderat bestätigt werden – das braucht Zeit. Wir können aber schon jetzt durch die Entschärfung der kritischen Stellen und Strecken eine schnelle Verbesserung erreichen. Hier einige konkrete Vorschläge dafür:

  • Entschärfung der kritischen Situation am Fellbacher Bahnhof. Diese Kreuzung ist für den schnellen motorisierten Verkehr optimiert (Abbiegespuren, freie Rechtsabbieger), für den Fuß- und Radverkehr ist es ein Hindernis mit großem Zeitverlust und zahlreichen Gefahren.
  • Neue Mitte Schmiden – die Realisierung des ersten Abschnitts verfehlte völlig das Ziel der Verkehrsberuhigung. Stattdessen ist der alte ein (schlechter, aber immerhin vorhandener) Radstreifen entfallen, eine Verengung eingebaut, an der es im Minutentakt zu gefährlichen Überholvorgängen kommt, zugeparkten Gehwegen u.v.m. Wir setzen uns dafür ein, dass die Mitte neu gestaltet wird und die Pläne für die weiteren Abschnitte nicht weiter in der Schublade verstauben.
  • Kreuzung Stuttgarter / Theodor-Heuss und Pfarrer-Sturm-Straße: Der Radverkehr wird hier gezwungen, vor der Kreuzung jeweils auf die linke Seite zu wechseln, was für Autofahrende überraschend und nicht verständlich ist. Diese Kreuzung gehört neu gestaltet.
  • Kreuzung Stuttgarter / Esslinger Straße – Ampelschaltung mit langer Wartezeit für Fußverkehr und Gefährdung von Radfahrenden durch Rechtsabbieger aus der südlichen Esslinger Straße. Hier gäbe es einige Detaillösungen, die kurzfristig umgesetzt werden könnten.
  • Einmündung der Bahnhofstraße in die Tainer Straße – hier ist es unübersichtlich für den Radverkehr und gefährdend für den Fußverkehr.

Ein Thema für sich sind die zahlreichen Fahrzeuge der Liefer- und Paketdienste. Sie finden kaum geeigneten Platz zum Anhalten und nutzen deswegen Rad- und Gehwege sowie Kreuzungsbereiche. Das ist nicht nur eine lästige Hürde für den Fuß- und Radverkehr, es ist auch eine stetige Gefahrenquelle. Abhilfe können ausgewiesene Kurzzeitparkplätze sowie regelmäßige Kontrollen des ruhenden Verkehrs bringen. Und nicht zuletzt attraktive und lebendige Stadtteilzentren, die eine attraktive Einkaufsalternative zu Bestellungen im Internet bieten (s. unsere Antwort auf die Frage Nr. 3).

Diese Liste könnten wir fortsetzen, das würde aber den Rahmen sprengen. Wir laden ein, unser Wahlprogramm (https://gruene-fellbach.de/wahlprogramm-2024/) zu lesen, ebenso wie die Vorstellung unserer Spitzenkandidierenden (https://gruene-fellbach.de/unsere-kandidierenden-2024/).

Frage 2: Radfahren ist sicher…

…eine gute Alternative im Bereich der Schulen zu den sogenannten Elterntaxis, die auch der Städte- und Gemeindetag einschränken möchte. Kinder und Jugendliche brauchen sichere Schulwege und das Fahrrad kann dabei eine attraktive Rolle spielen. Für welche Sicherheitskonzepte im Bereich von Schulen setzen Sie sich ein und welche Projekte wollen Sie fördern, damit Schülerinnen und Schüler gern das Fahrrad benutzen?

Antwort:

Die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen kommt zu Fuß zur Schule (evtl. von einer Haltestelle) oder per Fahrrad. Nicht nur aus diesem Grund muss eine sichere Schulwegeverbindung Priorität haben. In zweiter Linie brauchen wir ebenso sichere Verbindungen für außerschulische Aktivitäten, etwa den Weg zum (schulischen) Sportplatz, zum Jugendhaus oder zur Bücherei.

Einige wenige Eltern, die ihre Kinder kurz vor Schulbeginn, oft gestresst und in großer Eile, mit dem Pkw direkt zur Schule bringen, gefährden jene, die zu Fuß oder per Rad unterwegs sind. Daher sollten „Parkplätze für Elterntaxis“ unbedingt von Wegen separiert sein, auf denen Kinder unterwegs sind. Parkplätze für Elterntaxis direkt vor Schulen lehnen wir ab. 

Beispiel: Der Parkplatz für Elterntaxis an der Anne-Frank-Schule hat das Ziel einer Ordnung des Schulverkehrs völlig verfehlt. Weniger als ein Dutzend Elterntaxis ist imstande, auf dem Platz Chaos zu veranstalten. Zum Teil rennen Kinder aus den in der zweiten Reihe geparkten Autos quer über die Fahrbahn und/oder den Wendplatz, während verärgerte Anwohner:innen nicht zur Arbeit fahren können, weil ihre Autos zugeparkt sind. Auch vor der SIS (Swiss International School) gibt es eine gefährliche Vermischung von Fuß- und Autoverkehr. Diese Liste von Problemen, die Elterntaxis verursachen, lässt sich beinahe beliebig fortführen.

Es wird aber nicht genügen, nur über Sicherheitskonzepte im Bereich von Schulen nachzudenken. Denn in vielen Straßen ist der Kreuzungsbereich so zugeparkt, dass die Kreuzungen sehr schlecht einzusehen sind. Das macht den gesamten Schulweg von Kindern unsicher. Die Beseitigung des Falschparkerproblems würde die Sicherheit nicht nur von Kindern, sondern Aller, die zu Fuß und per Rad unterwegs sind, deutlich verbessern. Die dafür zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sind vielfältig: Pfosten, die es verhindern, häufige Kontrollen durch den KOD oder die modernste und effizienteste Lösung mit High-Tech: ScanCars (die leider vom Bundesverkehrsminister blockiert wird: https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Scan-Cars-gegen-Falschparker-Hamburgs-Plaene-muessen-warten,falschparker146.html )

Unsere Fraktion hat mehrmals diese Themen angesprochen und unter anderem eine für Kinder attraktive Umgestaltung der Schulwege angemahnt, um Kinder dazu zu animieren, zu Fuß zur Schule zu kommen.

Frage 3: Radfahren belebt…

die Innenstadt. Radfahrende nutzen nachweislich bevorzugt die lokale Infrastruktur, kaufen vor Ort ein, freuen sich über ein buntes gastronomisches Angebot und besuchen nahegelegene Freizeiteinrichtungen. Dennoch herrscht der Eindruck, dass in Fellbach eine Diskussion „Parkplatz gegen Radverkehr“ geführt wird. Wie wollen Sie das Potenzial des Radverkehrs zur Belebung der Ortskerne Fellbach/Schmiden/Oeffingen nutzen?

Antwort:

Der innerstädtische Handel hat es immer schwerer, gegen die Online-Konkurrenz anzukämpfen. Dass eine „ausreichende Anzahl“ von Parkplätzen direkt vor dem Geschäft eine Lösung für diese Konkurrenz ist, ist ein Irrglaube. Er fußt auf der irrigen Annahme, Einkäufe müsse man mit dem Auto machen und autofahrende Kundschaft sei die wertvollste für die Geschäfte. Es gibt seit Jahren Studien und Untersuchungen (siehe auch ein Beitrag des Bundesverbands ADFC), die besagen, dass:

  • Kundinnen und Kunden, die zu Fuß, per Rad oder ÖPNV zum Einkauf fahren, zwar seltener Großeinkäufe machen, aber in Summe mehr Geld ausgeben als die Autofahrenden.
  • Fuß- und Radkundschaft viel öfter ihren Läden in der Innenstadt treu ist und viel seltener im Supermarkt „auf der grünen Wiese“ einkauft, im Gegensatz zu Autokundschaft.
  • Die Händlerinnen und Händler in Umfragen den Anteil autofahrender Kundinnen und Kunden systematisch überschätzen.
  • Parkplätze direkt vor Geschäften sich negativ auf die Umsätze auswirken.

Das Fazit daraus ist eindeutig: Einkaufen und Verweilen in der Stadt muss attraktiver werden. Und das bedeutet: mehr Raum für Menschen, weniger Platz für Autos und niedrigere Geschwindigkeiten, wovon auch der Radverkehr profitiert. Da ein bedeutender Teil der Menschen immer noch mit eigenem Auto unterwegs ist, brauchen wir entsprechende Parkierungsmöglichkeiten, etwa Parkhäuser oder Tiefgaragen in direkter Nähe von Einkaufsstraßen, aber und nur wenige Parkplätze direkt an oder in der Flaniermeile, etwa Behindertenparkplätze. Und natürlich Fahrradabstellanlagen! Das ermöglicht ein unbeschwertes Verweilen, Flanieren und Einkaufen. Für den Fuß- und Radverkehr brauchen wir mehr Schatten (vor allem Bäume!), Sitzgelegenheiten, öffentliche Toiletten und vieles mehr. Unsere Fraktion beschäftigt sich kontinuierlich mit all diesen Aspekten.

Wer ein anschauliches Beispiel dafür sucht, muss nicht nach Madrid oder Paris oder in romantische Kleinstädte in der Provence reisen, sondern sich die Situation der Läden und Gastronomie in der Tübinger Straße in Stuttgart anschauen, wo man viel lieber verweilt als an der parallel verlaufenden B10.

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.