Vergabekriterien für Ansiedlung neuer Betriebe

von Agata Ilmurzynska

Angesichts der Klimakrise und der schwindenden Ressourcen sehen wir die Umwandlung von Ackerland in Industrie- und Gewerbegebiete sehr skeptisch. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die daraus resultierende Krise mit weltweit einsetzender Nahrungsmittelverknappung verschärft noch zusätzlich die Situation.

Deswegen ist für uns die Einführung verbindlicher ökologischer Kriterien bei der Ansiedlung neuer Betriebe eine notwendige Konsequenz.

Im Folgenden unser Antrag vom 24. April 2022:

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung verbindlicher ökologischer Kriterien bei der Ansiedlung neuer Gewerbe-/Industriebetriebe

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Zull,

um die gesetzlich vorgegebenen Klimaziele zu erreichen, kommt der Berücksichtigung ökologischer Kriterien eine essenzielle Bedeutung zu. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt die Einführung eines verbindlichen Katalogs ökologischer Kriterien für Gewerbe-/ Industriebetriebe. Dieser Katalog gibt der Verwaltung die Möglichkeit, solche Unternehmen bevorzugt anzusiedeln, denen ökologische Kriterien wichtig sind. Dadurch kann die Verwaltung der Stadt Fellbach ihrer Vorbildrolle im Bereich Natur-, Klima- und Umweltschutz ein weiteres Mal gerecht werden.

Ein Bonus-Malus-Punktesystem bei der Vergabe ermöglicht die praxisgerechte Umsetzung des Kriterienkatalogs, wie die Erfahrung anderer Städte zeigt: http://gewerbegebiete-im-wandel.de. Ein Anreizsystem ist für die Umsetzung förderlich.

Anlage

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung verbindlicher ökologischer Kriterien bei der Ansiedlung neuer Gewerbe-/IndustriebetriebeDer Katalog ökologischer Kriterien für Gewerbe-/Industriebetriebe soll gelten:

1. Der Katalog ökologischer Kriterien für Gewerbe-/Industriebetriebe soll gelten:

a) für die Ansiedlung von Betrieben (Neuvergabe) in bestehenden Gewerbe-/ Industriegebieten,

b) bei Umzug einer Firma innerhalb eines bestehenden Gewerbe-/Industriegebietes,

c) für die Ansiedlung von Betrieben in neuen Gewerbe-/Industriegebieten.

2. Jedem Kriterium wird eine bestimmte Punktezahl zugeordnet. Ein Unternehmen muss insgesamt eine festzulegende Mindestpunktezahl erreichen, um bei der Vergabe berücksichtigt zu werden.

3. Ein Anreizsystem, beispielsweise ein gestaffeltes Kaufpreissystem, abhängig von der erreichten Punktezahl, ist für die Umsetzung förderlich.

4. Um die ökologischen Maßnahmen dauerhaft zu verankern, ist es unerlässlich, dass die ansiedlungswilligen Unternehmen sich für die Dauer von mindestens 15 Jahren verpflichten, die ökologischen Maßnahmen zu erhalten. Um dies sicherzustellen, braucht es ein zuverlässiges Monitoring, das durch die Verwaltung erfolgen kann oder extern vergeben wird.  

5. Katalog ökologischer Kriterien für Gewerbe-/Industriebetriebe:

a) Wasser und Boden

  • Optimierte Nutzung der Flächen (z.B. gemeinsames Parkhaus oder gemeinsame Tiefgarage für mehrere Firmen)
  • minimaler Versiegelungsgrad von Freiflächen (z.B. Verzicht auf Versiegelung wenig frequentierter Flächen, wasserdurchlässige Bodenbeläge)
  • Eingrünung der Grundstücksgrenze(n)
  • Schaffung von Rückhalteräumen für Regenwasser (Retentionsmulden u.ä.)

b) Stadtklima

  • Erhalt bestehender Grün- und Baumstrukturen sowie vorhandener Grünflächen, gegebenenfalls deren Optimierung
  • Aufeinander abgestimmtes Begrünungskonzept für Außenflächen, Fassade und Dach
  • Wahl des Baumaterials (vorrangig recycelte und nachhaltige Baustoffe, hohe Recyclingfähigkeit der verwendeten Materialien)
  • Schaffung von Aufenthalts- und Begegnungsplätzen mit qualitativer Begrünung

c) Energie und Energieeffizienz

  • energetische Bauqualität, die über die jeweils aktuellen gesetzlichen Vorgaben hinausgeht
  • effektive Energienutzung

d) Biodiversität 

  • Anlage von Blühstreifen und Blumenwiesen mit regionalem Saatgut
  • Pflanzung von Obstbäumen und -sträuchern
  • Präferenz für heimische und standortgerechte klimaresistente Pflanzen
  • Förderung der Ansiedlung heimischer Tierarten
  • Schaffung eines naturnahen Gewässers

e) Mobilität

  • Verleihsysteme (auch für E-Mobilität und Lastenräder) / Sharing-Angebote
  • Ladestationen für E-Fahrzeuge (Räder, Autos etc.)
  • Förderung des Rad- und Fußverkehrs, attraktive Durchwegung für Fuß- und Radverkehr inklusive überdachter Fahrradabstellanlage
  • Nachhaltige Firmenlogistik; Reduzierungskonzepte für Lieferverkehr